24.01.2022

Umfrage belegt Befürchtungen aus einrichtungsbezogener Impfpflicht

In Einrichtungen der Diakonie in Thüringen und Sachsen-Anhalt droht ab dem 16. März ein Versorgungsproblem, sollten die Gesundheitsämter für Beschäftigte ein Betretungsverbot des Arbeitsplatzes aussprechen. In einer verbandsinternen Erhebung konnte festgestellt werden, dass in Diakonie-Einrichtungen zwar zwischen 82 und 95 Prozent der Mitarbeitenden geimpft sind. „Das ist deutlich mehr, als im Bevölkerungsschnitt in Thüringen und Sachsen-Anhalt.“, sagt Oberkirchenrat Christoph Stolte, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Mitteldeutschland. „Aber es reicht nicht aus. Jetzt besteht die Gefahr, dass Menschen, die Pflege, Betreuung und Unterstützung benötigen, allein gelassen werden.“ Die Rückmeldungen aus evangelischen Sozialeinrichtungen zwischen Sonneberg und Salzwedel und zwischen Gotha und Wittenberg zeigen ganz praktische Probleme mit den neuen Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz. Dienstpläne können nicht geschrieben werden, neue Verträge für die Aufnahme in eine stationäre Pflegeeinrichtung können nicht geschlossen werden, selbst Fahrdienste für Menschen mit Behinderungen und die Essensversorgung in Sozialeinrichtungen stehen zur Disposition.

Der drohende Versorgungsnotstand in Krankenhäusern, Pflegeheimen, ambulanten Pflegediensten, Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung und anderen Sozialeinrichtungen wird zudem verstärkt durch eine physische und psychische Erschöpfung bei vielen Mitarbeitenden nach zwei Jahren Schwerstarbeit in der Corona-Pandemie. Der Krankenstand ist derzeit schon sehr hoch. Dazu kommt die rasant steigende Omikron-Welle, die viele Beschäftigte in Quarantäne zwingen wird. Personalmangel gab es vielerorts schon vor der Pandemie.

Ab dem 16. März gilt durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine Impfpflicht für viele Beschäftigte in Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens. Am 15. März müssen dem Gesundheitsamt alle Beschäftigen namentlich gemeldet werden, die dem Arbeitgeber nicht nachgewiesen haben, dass sie geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Die Gesundheitsämter sollen dann ein Betretungsverbot aussprechen. Christoph Stolte: „Ob und wie die Gesundheitsämter handeln werden, ist derzeit noch vollkommen unklar. Die Einrichtungen verlieren dringend benötigte Beschäftigte! Schon ein Verlust von zehn Prozent der Beschäftigten ist nicht zu verkraften.“

In den Sozial- und Gesundheitseinrichtungen gibt es ein zuverlässiges Testmanagement. Die Leitungen der Einrichtungen werben seit langer Zeit für die Impfungen und führen jetzt viele Gespräche mit den Mitarbeitenden. Christoph Stolte: „Wir hoffen, dass ein Teil der noch Ungeimpften sich mit Novavax impfen lässt. Zugleich nehmen wir aber persönliche Entscheidungen ernst. Es droht der Verlust hoch qualifizierter und zuverlässiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Anstatt sie zu stigmatisieren, wäre ihnen für ihren großen Einsatz zum Wohle vieler Menschen zu danken.“ Die Abwanderung insbesondere vieler Fachkräfte kann nicht durch Neueinstellungen aufgefangen werden. Daher wird die drohende Schließung von Wohnbereichen und Stationen auf längere Zeit anhalten. Christoph Stolte. „Wir dürfen aber Familien mit ihren pflegebedürftigen Angehörigen nicht allein lassen.“

Die Diakonie Mitteldeutschland fordert die Landesregierungen auf, sich für eine Aussetzung des § 20a Infektionsschutzgesetzes einzusetzen, zumindest bis der Bundestag eine Entscheidung zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht getroffen hat. Das Ziel eines höheren Infektionsschutzes in Sozial- und Gesundheitseinrichtungen darf nicht mit der Abwanderung vieler Beschäftigter und mit akuten Versorgungsengpässen erkauft werden. Zudem ist ganz schnell eine Klärung erforderlich, wie die Gesundheitsämter verfahren werden. Dabei muss die Versorgung und Unterstützung der Menschen die höchste Priorität haben.