Bundesteilhabegesetz (BTHG) 2018: Was ändert sich für Menschen mit Behinderungen?

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Hardy Schüler
Referent Behindertenhilfe Thüringen

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(31. Januar 2018) Das von der Bundesregierung beschlossene Bundesteilhabegesetz führt zu Veränderungen im Leben von Menschen mit Behinderungen. Die 2. Reformstufe (SGB IX Teil 1 „Verfahrensrecht“ und Teil 3 „Schwerbehindertenrecht“) trat zum 01.01.2018 in Kraft. Was genau ändert sich jetzt? Das haben wir kurz und kompakt zusammengefasst.

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Tagung der Diakonie Mitteldeutschland „selbstbestimmtselbst – Es ist mein Leben“ im Oktober 2014. (Foto: Archiv)

Die Neudefinition des Behinderungsbegriffs
Der Begriff der „Behinderung“ wird neu definiert und sprachlich an die UN-Behindertenrechtskonvention angepasst. Neben den bisherigen Voraussetzungen, muss nun auch die Wechselwirkung der Person mit dem sozialen Umfeld, sprich Familie, Arbeit und andere soziale Kontakte, beleuchtet werden. Das ist ganz im Sinne der bio-psychischen-Einheit-Mensch, die durch die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Gesundheit (ICF)“ begründet wird.

Erweiterte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Für Menschen mit Behinderungen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind gibt es verschiedene Möglichkeiten am Arbeitsleben teilzunehmen. Entweder arbeiten sie in einer Werkstätte für behinderte Menschen (WfbM) oder bei einem „anderen Leistungsanbieter“. Die Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist ebenfalls möglich. Durch das BTHG wird das sogenannte „Budget für Arbeit“ eingeführt. Damit sollen zukünftig Arbeitgeber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei der Einstellung von Menschen mit Behinderungen durch einen Lohnkostenzuschuss unterstützt werden. So können notwendige Betreuungsleistungen für die Beschäftigten vorgehaltenwerden. Dabei behalten Menschen mit Behinderung, die sich für ein „Budget für Arbeit“ entscheiden, ein Rückkehrrecht in die WfbM, falls sie das wünschen.

Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung
Neu eingeführt wurde die „ergänzende unabhängige Teilhabeberatung“. Diese Beratung soll Betroffenen bzw. Angehörigen oder rechtlichen Betreuern bereits im Vorfeld der Beantragung konkreter Leistungen zur Verfügung stehen. Zur Stärkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen fördert der Bund diese von den Leistungsträgern und Leistungserbringern unabhängige Beratungsform mit jährlich 58 Millionen Euro über fünf Jahre. Die eingesetzten Beratungsstellen sollen nur der zu beratenden Person verpflichtet sein und das methodische Vorgehen des Peer-Counseling (Beratung durch Betroffene für Betroffene) einbeziehen. Das Ziel herbei ist eine flächendeckend unabhängige Beratungslandschaft im gesamten Bundesgebiet zu schaffen.

Einheitliche Instrumente zur Bedarfserfassung
Mit § 13 SGB IX werden die Instrumente zur Ermittlung des individuellen Rehabilitationsbedarfs genauer definiert. Zur einheitlichen Ermittlung des Bedarfs müssen die Rehabilitationsträger bundesweit einheitliche Instrumente anwenden, die auf einheitlichen Grundsätzen beruhen und ein verbindliches Teilhabeplanverfahren ermöglichen. Dieses Verfahren muss so gestaltet werden, dass Leistungsberechtigte teilnehmen und auch teilhaben können. Geeignete persönliche Unterstützung muss dabei stets gewährleistet sein.

Frühförderung
Der zuständige Rehabilitationsträger und die Leistungserbringerverbände haben die Möglichkeit, bis zum 31. Juli 2019, neue Landesrahmenvereinbarungen über die Qualität, räumliche, sächliche und personelle Anforderungen und Vergütungssystematiken etc. abzuschließen. Ziel ist hier eine Verbesserung der Angebote zur Frühförderung zu schaffen. Danach hat das Land die Option, Näheres über eine Rechtsverordnung zu regeln. Dabei müssen bestehende und neue Angebote besser ausgestaltet werden, um die Frühförderung auf ein einheitliches Niveau anzuheben. Darüber hinaus werden die Leistungen in der Frühförderpraxis durch u.a. Leistungen zur Sicherung der Interdisziplinarität, niedrigschwellige Beratungsangebote oder Zeiten für die Dokumentation ergänzt.