An vorderster Front für das Kindeswohl

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OKR Christoph Stolte
Vorstandsvorsitzender der Diakonie Mitteldeutschland

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(25. November 2021) Die Corona-Pandemie hat die Lebenswirklichkeit von Familien und Kindern stark verändert. Viele Routinen fielen weg, Unterstützung war nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Welchen Einfluss die Pandemie-Bedingungen auf die ambulante Erziehungshilfe hat, darüber haben wir mit dem Team des Diakonischen Werkes Henneberger Land e.V. in Suhl gesprochen. Lesen Sie hier den Auszug aus dem Diakoniebericht, den Oberkirchenrat Christoph Stolte auf der Synode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland am 18. November 2021 gehalten hat.

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Gemeinsam malen ohne Abstand – vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie war das für die Kinder während der Treffen der Erziehungshilfe ganz selbstverständlich. (Foto: Diakonisches Werk Henneberger Land e.V.)

Team der Ambulanten Erziehungshilfen des Diakonischen Werkes Henneberger Land e.V. in Suhl:
„Die Pandemie wirkte auch in unserem Arbeitsfeld wie ein Brennglas auf bestehende gesellschaftliche Verhältnisse. Armut in den Familien wurde spürbarer, wenn eine Familie zum Beispiel ihrem Kind keinen Laptop und Drucker fürs Home-Schooling bereitstellen konnte oder die Eltern nicht über die Bildung und Erfahrung darüber verfügten, ihren Kindern zuhause den Lehrer zu ersetzen. Wir alle mussten von heute auf morgen unsere gewohnten Arbeitsweisen und -zeiten ändern: Einkäufe und Behördliches für Familien in Quarantäne, anstatt sie zu begleiten, schulische Förderung der Kinder, anstatt die Eltern zu befähigen, Beschäftigungsideen für Kinder und Familien entwickeln, flexible Betreuungsformen für Kinder entwickeln, die nicht an der Notbetreuung teilnehmen durften, Kinderschutz mit neuen Methoden und mitunter großen Bauchschmerzen sicherstellen. Zudem galt es den Spagat zu meistern, den Anforderungen des Engagierens für die uns anvertrauten Menschen mit den Bedürfnissen der eigenen Familie in Einklang zu bringen. Dies gelang in der Pandemie deutlich schlechter wegen verkürzter Betreuungszeiten in den Bildungseinrichtungen der eigenen Kinder. Geprägt und gekränkt hat uns die Haltung mancher Behörden, die im Homeoffice den persönlichen Kontakt mieden und Verantwortung delegierten, während die Erwartung an uns ein uneingeschränktes Arbeiten an vorderster „Front“ in den Haushalten der Familien zur Sicherstellung des Kindeswohls war.

Die Pandemie führte zu neuen Interaktionsmethoden mit den Familien: Hausaufgabenhilfe über Video, Klären unverständlicher Behörden-Post über Messenger oder Videokonferenzen in Teamberatungen und Fortbildungen. Und: Corona führte zum schnelleren Ausbau digitaler Kommunikation sowie zur überfälligen digitalen Ausstattung unseres Dienstes.

Erkenntnisreich und häufig belastend ist die Spannbreite, in der Menschen mit der Pandemie umgehen. Sei es das eigene Infektionsrisiko beim Besuch der Familien oder die behördlichen Anweisungen, die oftmals mehr Chaos als Sicherheit brachten oder der Umgang der Menschen mit ihren Ängsten und Sorgen in Bezug auf die Gefahr eines potenziell tödlichen Virus. Hier gilt es bis heute, viele unterschiedliche Ansichten und Meinungen auszuhalten und zuzulassen, eine Fähigkeit, die generell bei Fachkräften der ambulanten Hilfen gefragt ist.

Eine Krise wie diese zeigt, wie wichtig das Ausgestalten des menschlichen Miteinanders ist. Die meisten unserer Familien zeigten sich dankbar. Es ist für sie wichtig zu wissen, dass Menschen stets für sie da sind. Daher ist uns mit Blick nach vorne für unseren Dienst wichtig, dass die Menschen und der direkte persönliche Kontakt Kern unserer Arbeit bleiben, und wir als Sozialpädagogen unser Selbstverständnis bewahren, nämlich in erster Linie Beziehungsarbeiter zu sein.“

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Der verlassene Beschäftigungsraum – ein Symbol für die Erziehungshilfe in der Pandemie: Die Interaktionsmöglichkeiten mussten sich ändern. (Foto: Diakonisches Werk Henneberger Land e.V.)

Hintergrund: Die ambulante Erziehungshilfe unterstützt Familien, die sich mit einer schwierigen Situation konfrontiert sehen. Die Gründe dafür reichen von Verhaltensauffälligkeiten oder Entwicklungsstörungen bei den Kindern bis hin zu Beziehungskonflikten oder finanziellen Sorgen der Eltern. Die Mitarbeitenden der Erziehungshilfe passen ihre Unterstützung auf die Probleme an und beraten, begleiten und informieren die Familienangehörigen auch im Alltag. Mehr Informationen dazu finden Sie auch auf der Webseite der Flexible ambulante Erziehungshilfen Suhl.